Hooked
Wie kommt es, dass manche Produkte sofort von jedem erkannt werden und andere völlig floppen? Diese Frage auf dem Klappentext des Buches „Hooked“ von Nir Eyal hat auch mich „gehooked“ und so habe ich diese Woche gelernt, welche Eigenschaften man bei der Produktentwicklung betrachten sollte, wenn das Produkt die Nutzer süchtig machen soll.
Außerdem habe ich dir eine konkrete Fragetechnik für Interviews mitgebracht und du lernst, welchen Trick du bei der Verwendung von Stempelkarten beachten solltest.
Lass dich inspirieren!
1) Kurze Summary
79% aller Smartphone-Benutzer checken jeden Morgen innerhalb von 15 Minuten nach dem Aufwachen ihr Gerät. Du bist bestimmt bei den anderen 21%, oder? =)
Diese 79% fällen ihre Entscheidung jedenfalls unbewusst, sie hängen „am Haken“ und sind süchtig. Das Smartphone und viele darauf vorhandenen Services wie WhatsApp, Facebook, Twitter und Co. haben unsere Gewohnheiten in den letzten Jahren extrem verändert.
Nir Eyal hat dieses Verhalten intensiv theoretisch analysiert und in Formeln gebracht, um es dann in diesem Buch wieder für Normalsterbliche in Worte und Bilder zu fassen.
Er beschreibt einen Kreislauf aus 4 Bausteinen: Trigger, Action, Reward, Investment.?
Interne und externe Trigger
Trigger sind dabei so etwas wie Buttons auf einer Website, die kleine rote Zahl oben rechts an deiner App oder eine Push-Nachricht. Dabei handelt es sich jedoch nur um externe Trigger und die siehst du ja erst, wenn du das Handy schon in der Hand hast.
Was lässt dich aber überhaupt das Handy in die Hand nehmen, bevor du deinem Partner/deiner Partnerin oder deinen Kindern „Guten Morgen“ sagst?
Es sind interne Trigger: Emotionen, die in deinem Unterbewusstsein verankert sind und dich vielleicht denken lassen „Ich bin gespannt wie viele Personen über Nacht mein Bild von gestern Abend geliked haben!“
Die Action in dem Fall ist die App zu öffnen und der Reward dafür, dass du weitere 15 Likes siehst! Wahnsinn!
Dein Investment ist es nun weitere Bilder zu posten um damit den Kreis aufrecht zu erhalten.
Wie kann man dieses Wissen nun nutzen, um Produkte zu schaffen, die bei dir und bei anderen Menschen eine solch große interne Motivation auslösen, dass du süchtig nach dem Produkt oder der Dienstleistung wirst?
Diesen Prozess nennt man positiv „Behavioral Design“ oder negativ „Manipulation“ und der Autor beschreibt ihn ausführlich im vorliegenden Buch Hooked! Am Ende jedes Kapitels hat er die Rubrik „Was Sie jetzt tun sollten“ eingebaut, in der er konkrete Handlungsanweisungen gibt für alle, die ein gewohnheitsprägendes Produkt entwickeln möchten.
Er gibt außerdem zahlreiche weitere Praxisbeispiele wie zum Beispiel die Bibel-App, die mittlerweile fast eine halbe Million Reviews im App-Store hat und von vielen Priestern sonntags in der Kirche als Bibel-Ersatz verwendet wird. Super spannende Story!
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2) Interessante Denkanstöße aus „Hooked“
Macht ihr eine Vitaminpille oder eine Schmerztablette?
Das ist eine typische Frage von Investoren an junge Gründer. Auch wenn es keine eindeutig richtige Antwort gibt, sind sie meistens eher auf der Suche nach der Schmerztablette.
Diese bedienen nämlich eine offensichtliche Notwendigkeit, lindern einen bestimmten Schmerz und haben oft messbare Märkte.
Im Gegensatz dazu beheben Vitamine nicht notwendigerweise einen offensichtlichen Schmerz. Sie richten sich eher an die emotionalen als an die funktionellen Bedürfnisse des Nutzers.
Schmerztabletten sind also kurzfristig erfolgreich, wohingegen Vitamintabletten eine langfristige Investition mit ungewissem Ausgang sind.
Überlege dir bei deinen eigenen Ideen immer in welche der beiden Kategorien dein Produkt fällt und was die Konsequenz daraus ist!
Warum? oder die „5-W-Methode“
Eine Methode, die wir auch im Design Thinking gerne verwenden, ist die sogenannte „5-W-Methode“. Sie geht zurück auf Taiichi Ohno, der sie bei Toyota angewendet hat. Dabei stellst du deinem Interviewpartner so lange die Frage nach dem „Warum“, bis eine Emotion erreicht wird.
Lass mich es an dem im Buch Hooked erwähnten Beispiel verdeutlichen:
Warum Nr.1: Warum solltest du E-Mail nutzen?
Antwort: Damit ich Nachrichten verschicken und erhalten kann.
Warum Nr.2: Warum solltest du das tun wollen?
Antwort: Weil ich Informationen schnell weiterleiten und empfangen möchte.
Warum Nr.3: Warum möchtest du das?
Antwort: Damit ich weiß, was im Leben meiner Kollegen, Freunde und Angehörigen geschieht.
Warum Nr.4: Warum musst du das wissen?
Antwort: Um zu erfahren ob mich jemand braucht.
Warum Nr.5: Warum kümmert dich das?
Antwort: Weil ich Angst habe nicht auf dem Laufenden zu sein
Daraus ergibt sich, dass ihre wichtigste Motivation E-Mails zu verschicken ihre Angst davor ist nicht auf dem Laufenden zu sein. Das war natürlich nur ein Beispiel aber probiere es beim nächsten Interview mal aus!
Vorsprung durch Technik
Nein, das ist keine versteckte Audi Werbung. Es geht dabei um die Technik erfolgreicher Stempelkarten, die du bestimmt aus einigen Geschäften kennst. Forscher haben herausgefunden, dass Stempelkarten, auf denen bereits 1 oder zwei Stempel vorhanden sind die Personen deutlich stärker motivieren zu diesem Laden zurückzukehren, als wenn sie eine leere Karte ausgehändigt bekamen mit der Bitte sie beim nächsten Mal mitzubringen. Die Menschen denken dann, dass sie einen Vorsprung gegenüber anderen Kunden hätten!
Um dies zu vertesten, haben sie einmal eine leere Stempelkarte mit 8 Feldern ausgehändigt und einmal eine mit 10 Feldern, auf der 2 bereits abgestempelt waren.
Das Ergebnis war eindeutig und seitdem nutzen fast alle Geschäfte Karten, auf denen bereits 1-2 Felder abgestempelt sind!
3) Fazit
Eines vorweg: Lies das Buch definitiv auf Englisch! Die deutsche Übersetzung ist bescheiden und der Lesefluss gerät öfter ins Stocken.
Wenn du selber ein Produkt entwickeln möchtest oder jemanden beraten willst, der dies tut, dann ist das Buch genau das richtige für dich.
Es geht meiner Meinung nach genau auf die richtigen Fragen ein und motiviert den Leser sich die Fragen zu stellen „Welches Problem hätte ich gern von jemand anderem für mich gelöst?“ anstelle von „Welches Problem sollte ich lösen?“!
Versuche immer von dir selber und deinen Bedürfnissen auszugehen bei der Erstellung eines Produktes. Alles andere wird auf Dauer sehr anstrengend und es kann schnell passieren, dass dir die intrinsische Motivation zum Durchhalten fehlt, wenn es bei der Produktentwicklung schwierig wird. Und das wird früher oder später immer passieren.
Viel Spaß beim Lesen von „Hooked“
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